Verschwörungstheorien sind momentan auf einem Allzeithoch. Was allerdings macht eine Verschwörungstheorie genau aus, sind sie prinzipiell schädlich und welche Zusammenhänge zur Persönlichkeit existieren. In unserer Literaturrecherche haben wir ein paar interessante Fakten zu Verschwörungstheorien allgemein und ein paar Beispiele und Zusammenhänge mit der Persönlichkeit erforscht. Wenn du selbst gerne wissen willst, ob du zu Verschwörungstheorien neigst, dann mache einfach unseren Verschwörungstheoretiker-Test.
In der Literatur findet man natürlich unterschiedliche Definitionen, was eine Verschwörungstheorie ausmacht. In der Regel heißt es, dass ein Versuch vorliege, den Ursprung von Ereignissen oder Vorgänge auf Machenschaften von mächtigen Personen zurückzuführen. Diese wenigen Mächtigen sind hierbei bestrebt, ihre eigene Rolle geheim zu halten, bzw. erst dann öffentlich zu machen, wenn sie ihr Ziel erreicht haben (Sunstein & Vermeule, 2009).
Verschwörungstheorien, sind nach dieser Definition nicht zwingend falsch. Die Watergate-Affäre zum Beispiel stellt für den Zeitraum, da der Vorwurf des Machtmissbrauchs noch nicht bewiesen wurde, eine Verschwörungstheorie dar. Der Whistleblower Edward Snowden war so gesehen ebenfalls ein Verschwörungstheoretiker. Verschwörungstheorien sind also nicht von Anfang an falsch und Verfechter nicht automatisch verrückt.
Wenn im Alltag von Verschwörungstheorien gesprochen wird, sind allerdings Theorien gemeint, die eine wichtige zusätzliche Eigenschaft besitzen. Sie sind nachweislich falsch und daher schädlich. Nachweislich heißt hierbei, dass öffentlich leicht erreichbare Informationen vorliegen, anhand derer die Theorie eindeutig als falsch bewertbar ist. Dass der amerikanische Geheimdienst NSA massenhaft unschuldige Menschen ausspioniert hat, war vor den Enthüllungen von Edward Snowden eine nicht prüfbare Theorie. Es lagen keine öffentlich leicht erreichbaren Informationen vor, anhand derer man die Theorie hätte nachweisen können. Sie war also nicht nachweislich falsch. Dass als Folge von Impfungen Kinder sterben würden, ist hingegen nachweislich falsch und damit eine schädliche Verschwörungstheorie.
Eine weitere Verschwörungstheorie ist, dass das Corona-Virus menschengemacht ist und von der, wahlweise chinesischen oder US-amerikanischen, Regierung entwickelt wurde. Existiert hier öffentlich leicht zugängliches Wissen?
An dieser Stelle muss wohl näher auf das Bedeutungskonzept Wissen eingegangen werden, da im Internet viel als Wissen ausgegeben ist, welches kein Wissen ist. Damit eine Behauptung als wissenschaftlich bewiesen gilt, muss sie einen wissenschaftlichen Prüfungsprozess bestanden haben. Hierfür muss die Behauptung im ersten Schritt in Studien getestet werden. Diese Studien werden anschließend von einem Wissenschaftsjournal geprüft und ggf. veröffentlicht. Es existieren sehr viele Wissenschaftsjournale und einige veröffentlichen qualitative schlechte Studien. Andere Journale hingegen sind für ihre hohen Qualitätsanforderungen weltweit bekannt und es ist enorm schwierig, eine Studie in diesen zu veröffentlichen. Zu diesen besonders hochwertigen Journalen gehört z.B. das „nature“-Journal. Wenn sich nun Studien häufen, die in hochwertigen Journalen veröffentlicht werden und alle das gleiche Ergebnis aufweisen, dann gilt eine Behauptung als wissenschaftlich bewiesen.
Das Corona-Virus ist komplett neu. Es existiert in dieser für den Menschen gefährlichen Form erst seit wenigen Monaten und bisher stand im Forsc hungsmittelpunkt eher die Bekämpfung, als die Herkunftsforschung. Trotzdem existieren inzwischen Studien, die die Herkunft des Virus geprüft haben (Rabi, Al Zoubi, Kasasbeh, Salameh & Al-Nasser, 2020). Allen voran die Studie von Andersen, Rambaut, Lipkin, Holmes und Garry (2020), die im „nature“-Journal veröffentlicht wurde. Diese kommen auf Basis der Genstruktur des Virus zum Schluss, dass keine Evidenzen existieren, dass es menschengemacht sei. Dies ist ein starker Hinweis darauf, dass das Virus nicht vom Menschen, ob Chinesen oder US-Amerikaner, entwickelt wurde. Um abschließend die Frage nach der Herkunft des Virus zu beantworten, sind allerdings noch mehr qualitativ hochwertige Studien, wie der von Andersen et al. (2020) notwendig
Die ehrlichste Antwort auf diese Frage ist, wir wissen es noch nicht genau. Allerdings ist die wahrscheinlich sehr hoch, dass es durch natürliche Mutation in China entstanden ist.
Davon ausgehend, dass die Herkunftstheorie über das Corona-Virus eine kleine, aber mächtige Gruppe von Menschen beinhaltet, ja. Aber ist es auch eine Schädliche, weil falsche Theorie? Höchstwahrscheinlich! Die wissenschaftliche Seriosität verlangt an dieser Stelle Zurückhaltung. Noch wäre es etwas verfrüht, um von 100%er Sicherheit zu reden. Im Privaten und Umgangssprachlichen würde allerdings jeder Wissenschaftler von einer schädlichen Verschwörungstheorie sprechen, da die Hinweise zu stark sind, dass das Virus natürlichen Ursprungs ist.
Unser Verschwörungstheoretiker-Test prüft deine Tendenz zum Verschwörungstheoretiker mithilfe von insgesamt drei Tests. Der erste basiert auf deiner Persönlichkeit und die zwei anderen sind direkte Tests, um Verschwörungstheoretiker-Tendenzen zu messen.
Auf Basis der Studie von Charlton (2014) berechnen wir wie stark, ausgehend von deiner Persönlichkeit, deine Tendenz zum Verschwörungstheoretiker sein sollte. Hier nutzen das von (Charlton) entwickelte Regressionsmodell. Dies ist natürlich nicht ganz unstrittig, schließlich nutzen wir zur konkreten Berechnung nur eine Studie. Die Grundannahmen des Modells werden allerdings von den wenigen Studien, die es zum Thema Verschwörungstheorie und Persönlichkeit gibt, gestützt.
So wurde mehrmals der Befund repliziert, dass Verschwörungstheoretiker eine gering ausgeprägte Verträglichkeit ausmachen (Charlton, 2014) und darüber hinaus zu hoher Offenheit für Erfahrung tendieren. Das Regressionsmodell geht darüber hinaus davon aus, dass Betroffene einen hohen Grad an Neurotizismus ausmacht. Diese Annahme wird von der Forschung bezüglich des Glaubens an paranormale Ereignisse gestützt. Nun ist der Glaube an Verschwörungstheorien nicht dasselbe wie der Glaube an paranormalen Ereignissen, allerdings sind beide Phänomene stark mit einander korreliert. Wer an die Existenz von paranormalen Ereignissen glaubt, glaubt also mit hoher Wahrscheinlichkeit auch an Verschwörungstheorien.
Es ist natürlich nicht optimal, dass das Regressionsmodell hier nicht von Daten konkret zu Verschwörungstheoretikern gestützt wird, sondern von einem verwandten Phänomen. Allerdings ist die Datenlage eben doch eher dünn.
Der CMQ bzw. „Conspiracy Mentality Questionnaire“ (Bruder, Haffke, Neave, Nouripanah & Imhoff, 2013) wurde in der Türkei, England und Deutschland entwickelt und jeweils in der entsprechenden Sprache validiert. Die meisten Probanden stammen allerdings aus Deutschland. Er wurde in vier Studien professionell validiert und dank der Multinationalität konnten die Testeigenschaften über mehrere Länder hinweg geprüft werden. Die Ergebnisse sind zufriedenstellend. Allerdings ergab die Prüfung des Zusammenhangs zwischen dem GCB und der Persönlichkeit nur bezüglich der Persönlichkeitsdimension Verträglichkeit einen relevanten Zusammenhang.
Der GCB bzw. „Generic Conspiracist Beliefs“ (Brotherton, French & Pickering, 2013) wurde in England entwickelt und ebenfalls in vier Studien professionell validiert. Eine deutsche Übersetzung des Tests hat bisher noch nicht existiert. Mithilfe der Übersetzungssoftware „DeepL“ und unserer Erfahrung im Übersetzen von Tests, haben wir eine deutsche Version erstellt. Diese wurde noch nicht auf ihre Aussagekraft für den deutschen Sprachraum geprüft. Wir gehen allerdings aufgrund unserer Erfahrung davon aus, dass der Test im Großen und Ganzen funktionieren wird. Darüber hinaus haben wir innerhalb dieser Erhebung die Möglichkeit, den GCB mit dem für den deutschen Sprachraum validierten CMQ zu vergleichen und somit eine Teilvalidierung für Deutschland zu erzielen.
Andersen, K. G., Rambaut, A., Lipkin, W. I., Holmes, E. C. & Garry, R. F. (2020). The proximal origin of SARS-CoV-2. Nature medicine, 26 (4), 450–452.
Brotherton, R., French, C. C. & Pickering, A. D. (2013). Measuring belief in conspiracy theories. The generic conspiracist beliefs scale. Frontiers in psychology, 4, 279.
Bruder, M., Haffke, P., Neave, N., Nouripanah, N. & Imhoff, R. (2013). Measuring individual differences in generic beliefs in conspiracy theories across cultures. Conspiracy Mentality Questionnaire. Frontiers in psychology, 4, 225.
Charlton, E. (2014). Conspiracy theories and dissociative experiences. The role of personality and paranormal beliefs.
Rabi, F. A., Al Zoubi, M. S., Kasasbeh, G. A., Salameh, D. M. & Al-Nasser, A. D. (2020). SARS-CoV-2 and coronavirus disease 2019. What we know so far. Pathogens, 9 (3), 231.
Sunstein, C. R. & Vermeule, A. (2009). Conspiracy theories. Causes and cures. Journal of Political Philosophy, 17 (2), 202–227.