Studienblog

Persönlichkeit und Kindererziehung

Gibt es die richtige Elternpersönlichkeit?

Über die richtige Erziehungsmethode wird immer wieder diskutiert und gestritten. Klassischerweise existieren zwei Pole, die autoritäre Erziehung auf der einen Seite und die antiautoritäre auf der anderen.

Ein autoritärer Erziehungsstil macht strenge Regeln mit dem Elternteil als klaren Chef aus. Bei der antiautoritären Erziehung hingegen verzichtet man weitestgehend auf Regeln und die Eltern treten nicht als Autorität auf.

Die meisten Eltern sind natürlich nicht nur das eine oder das andere, sondern eine Mischung. Trotzdem gibt es oft Meinungsverschiedenheiten, ob man strenger oder eher locker mit Kindern umgehen sollte.

Allerdings ist es nicht so einfach, die richtige Erziehungsmethode zu finden und neben Strenge und Lockerheit existieren zahlreiche weitere Faktoren, die Erziehung erfolgreich oder erfolglos machen. Wir wollen den Faktor Elternpersönlichkeit betrachtet und schauen, ob bestimmte Persönlichkeiten prädestiniert sind, gute Eltern zu sein.

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Definition Persönlichkeit

Die Persönlichkeit beschreibt relativ stabile Verhaltenstendenzen. Jemand der sich gerne unterhält, wird diese Tendenz unabhängig von der konkreten Situation zeigen. Ob in der Schule, der Uni, am Arbeitsplatz oder bei sich zu Hause. In der modernen Persönlichkeitspsychologie wird fast ausschließlich das Big Five Persönlichkeitskonzept angewandt. Keine andere Persönlichkeitstaxonomie konnte so oft in so vielen Kulturkreisen empirisch bestätigt werden. Der Name leitet sich von fünf sehr weit gefassten Persönlichkeitsdimensionen ab (Neurotizismus/Emotionale Instabilität, Extraversion, Offenheit für Erfahrung, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit). Die Dimensionen können nochmals in insgesamt 30 enger gefassten Facetten unterteilt werden. Mehr Infos rund um die Persönlichkeit und auch unseren Big Five Test findest du hier.

Wo beeinflusst die Persönlichkeit Erziehung?

Die Persönlichkeit könnte sich auch auf unserem Erziehungsstil auswirken. Strenge Eltern müssen zum Beispiel Regeln aufstellen und die Einhaltung überprüfen. Dies ist eine regelmäßige Arbeit, die vor allem bei Kindern nicht leicht von der Hand geht. Es wäre nur logisch, wenn Personen, die in ihrem Leben allgemein weniger Probleme haben, sich zu regelmäßiger, eher unangenehmer Arbeit zu zwingen, strengere Regeln aufstellen. In der Persönlichkeitspsychologie würde man hier von gewissenhaften Menschen reden.

Bekannt ist, dass ein warmer und herzlicher Erziehungsstil die Kindesentwicklung fördert. Zurückweisung und Überreaktionen hingegen schaden der Entwicklung.

Dies sind Faktoren, die durch die Persönlichkeit beeinflusst werden könnten, da ein herzlicher Elternteil wahrscheinlich nicht nur in der konkreten Erziehungssituation herzlich ist, sondern allgemein zu einer herzlichen Verhaltensweise tendiert. Gleiches gilt für zurückweisendes Erziehungsverhalten, welches ebenfalls eine allgemeine Tendenz sein könnte.

Da die Persönlichkeit per Definition Verhalten beschreibt, welches situationsübergreifend mit erhöhter Wahrscheinlichkeit gezeigt wird, könnte hier der Erziehungsstil und damit auch die Kindesentwicklung durch die Persönlichkeit beeinflusst werden.

Der Faktor Persönlichkeit

Haan, Prinzie und Deković (2009) hat genau diesen Einfluss in einer Längsschnittstudie geprüft. Mit einem Abstand von 6 Jahren wurden 480 Familien zweimal befragt. Zum ersten Zeitpunkt wurde nur die Elternpersönlichkeit erhoben. Zum zweiten Messzeitpunkt wurde die Kinder gebeten, ihre Eltern bezüglich der beiden Faktoren Herzlichkeit und Überreaktion zu bewerten.

Am einflussreichsten wurden die Persönlichkeitsdimensionen Extraversion und Verträglichkeit befunden. Wer hohe Werte in beiden Dimensionen aufweist, der zeigt mit höherer Wahrscheinlichkeit einen herzlichen Erziehungsstil sowie seltener Überreaktionen.

Die Befunde sind insofern nicht überraschend, als dass beide Persönlichkeitsdimensionen besonders stark Einfluss auf soziales Verhalten nehmen, entsprechend auch auf unseren Umgang mit Kindern.

Ob der autoritäre oder der antiautoritäre Erziehungsstil der Richtige ist, kann uns diese Studie zwar nicht beantworten, allerdings scheint es wohl darauf anzukommen, dass man dem Kind Herzlichkeit kommuniziert und seine Reaktionen dem Verhalten des Kindes angemessen wählt.

Nun kann man sowohl herzlich und streng, als auch herzlich und locker sein. Hier gibt uns die Studie einen weiteren interessanten Einblick. Wie effektiv ein Erziehungsstil ist, scheint davon abzuhängen, wie gut das Kind die Methoden empfindet. Reaktionen und Konsequenzen sollten also so gewählt werden, dass das Kind entweder einsieht, dass die Folgen seines Verhaltens angemessen sind oder aber man muss Einsicht beim Kind erzeugen.

So könnte es also weniger darauf ankommen, wie (anti-) autoritär der Erziehungsstil ist, sondern eher, dass das Kind einsieht, warum die erzieherischen Maßnahmen angemessen sind.

Literaturverzeichnis

Haan, A. D. de, Prinzie, P. & Deković, M. (2009). Mothers' and fathers' personality and parenting: the mediating role of sense of competence. Developmental Psychology, 45(6), 1695–1707. https://doi.org/10.1037/a0016121