Der Myers-Briggs-Typenindikator Persönlichkeitstest
Wissenschaftliche Bewertung einer Persönlichkeits-Typologie
Der Mensch neigt dazu, sich und sein Wesen möglichst stark reduzieren zu wollen. Gewissermaßen auf eine Formel, die ihn möglichst gut beschreibt. Diese Tendenz findet man auch in Bezug auf die Persönlichkeit. So kategorisiert man in den Mutigen, den Ängstlichen, den Lauten, den Zurückgezogenen, den Angeber, den Helfer, usw. Bereits C. G. Jung, ein wichtiger Vertreter der Psychoanalyse, unterschied Persönlichkeitstypen.
Was Jung damals allerdings nicht wissen konnte und heut viele nicht wissen wollen, der Mensch ist nicht so einfach in Typen unterteilbar. Es ist die Vielfalt des Menschen, die eine solch strenge Unterteilung unmöglich macht. Die moderne Psychologie im Allgemeinen, aber insbesondere die Persönlichkeitsforschung, lehnt daher Typologien ab. Auch wenn du unseren Persönlichkeitstest machen solltest, werden wir dir keinen Typen zuordnen. Du erhältst Werte auf kontinuierlichen Skalen, ähnlich einem Metermaß.
Aber zurück zu Jung und seinen Typen, denn seine Persönlichkeitstheorie ist auch heute noch insofern aktuell, als das einer der am weitesten verbreiteten Persönlichkeitstests auf seine Theorie aufbaut. Gemeint ist der Myers-Biggs-Typenindikator.
Zusammenfassung
Der Myers-Biggs-Personenindikator ist ein Persönlichkeitstest, der Personen in 16 unterschiedliche Typen kategorisiert. Die 16 Typen ergeben sich aus vier Kategorien, in denen jedem Testprobanden eine von zwei Ausprägungen zugeordnet wird. Der Persönlichkeitstest baut auf der Persönlichkeitstheorie von C.G. Jung auf, weist allerdings einige entscheidende Abweichungen auf. Die postulierte Typologie des Testes ist aufbauend auf eine Großzahl von Studien anzuzweifeln. Die Studienlage weist eindeutig darauf hin, dass, statt nur zwei Ausprägungen pro Kategorie, eine Vielzahl von Ausprägungen möglich sind. Man spricht hier auch von einer kontinuierlichen Skala. Folglich ist eine Großzahl an „Introvertierten“ anderen „Extravertierten“ mit ähnlichen Testerwert ähnlicher als anderen „Introvertierten“, die einen sehr anderen Testwert erhalten haben. Des Weiteren ist die Struktur der vier Dimensionen anzuzweifeln, da unterschiedliche faktorenanalytische Prüfungen diese nicht bestätigen konnten. Zu guter Letzt eignet sich der Myers-Biggs Persönlichkeitstest nicht als Mittel zur Vorhersage von Verhalten, da gefundene Effekte in aller Regel klein sind und somit keine praktische Relevanz besitzen.
Was misst der Myers-Biggs-Typenindikator Persönlichkeitstest
Was misst der Myers-Biggs-Typenindikator Persönlichkeitstest
Der Myers-Biggs-Typenindikator Persönlichkeitstest unterscheidet zwischen 16 Persönlichkeitstypen. Auch im Internet findet man unterschiedliche Angebote, die 16 Persönlichkeitstypen messen sollen. Hier kann man davon ausgehen, dass es sich letztendlich um eine Version des Myers-Biggs-Typenindikator Persönlichkeitstest handelt.
Die 16 Typen erhalten jeweils einen Buchstabencode, der ihre Persönlichkeit zusammenfasst. So existieren entsprechend der vier Buchstaben vier Kategorien, die jeweils zwei Ausprägungen enthalten, von denen einem je eine Ausprägung zugeordnet wird. Diese Ausprägungen sind als Gegensätze zu verstehen und man kann immer nur eine Ausprägung annehmen.
Die Kategorie EI unterscheidet zum Beispiel zwischen Extraversion (E) und Introversion (I). Laut Test kann man also entweder extravertiert oder introvertiert, allerdings nichts dazwischen sein. Man redet hier auch von Bimodalität. Die anderen Dimensionen sind SN (S-Sensorik und N-Intuition), TF (T-Denken/Thinking und F-Fühlen) und JP (J-Beurteilung /Judgment und P-Wahrnehmung/Perception).
Ein kurzer Einblick in die Geschichte des Myers-Biggs-Typenindikators
Ein kurzer Einblick in die Geschichte des Myers-Biggs-Typenindikators
Der Myers-Biggs-Typenindikator Persönlichkeitstest ist alles andere als jung. Bereits in den frühen 1940 Jahren wurde er in den USA entwickelt. Interessanterweise handelt es sich bei den bei den Entwicklern um Mutter und Tochter. Beide interessierten sich für die Persönlichkeitstheorien von C.G. Jung und versuchten, ein Instrument zur personellen Selektion im Kontext Beruf zu entwickeln. Letztendlich also ein Einstellungstest.
Die Idee war, dass unterschiedliche Persönlichkeiten sich besonders gut für bestimmte Berufe eignen würden. Eine Idee, die gar nicht mal so abwegig ist. Auch wir haben bereits einen Beitrag zu Persönlichkeitstests als Einstellungstest geschrieben (klicke hier). Schnell interessierte sich der ETS (Educational Testing Service) für ihren Persönlichkeitstest, allerdings wurde die Zusammenarbeit nach kurzer Zeit bereits wieder beendet. Der Test schnitt bei der empirischen Evaluation zu schlecht ab, also bei der Prüfung, ob der Test funktioniert (Pittenger, 1993). 1975 kaufte dann die „Consulting Psychologists Press“ die Rechte den Test zu vertreiben. Seitdem wurde der Persönlichkeitstest immer beliebter und ist es bis heute (Pittenger, 1993).
Kritik am Myers-Biggs-Typenindikator Persönlichkeitstest
Kritik am Myers-Biggs-Typenindikator Persönlichkeitstest
Wie bereits angeklungen ist, wird der Myers-Biggs Persönlichkeitstest in der wissenschaftlichen Persönlichkeitsforschung kaum eingesetzt. Die Gründe sind vielfältig und sind vor allem darauf zurückzuführen, dass der Test in dessen Konstruktion empirisch nicht nachgewiesen werden kann.
Das Problem mit den Typen
Das Problem mit den Typen
Der Myers-Biggs-Typenindikator Persönlichkeitstest ordnet einem Menschen klaren Typen zu. Um welchen Typen es sich genau handelt, kommt auf die Ergebnisse in vier Dimensionen an. Pro Dimension kann man je eine von insgesamt zwei Ausprägung annehmen. Auf diese Weise ergeben sich 16 Kombinationsmöglichkeiten und entsprechend 16 Typen. Welche Ausprägung pro Dimension einem zugeordnet wird, ist wiederum von dem im Persönlichkeitstest erreichten Punktwert pro Dimension abhängig.
Der Punktwert ist kontinuierlich, innerhalb eines Zahlenbereichs kann er also jede beliebige Zahl annehmen. Über- oder unterschreitet der Wert jedoch eine bestimmte Grenze, ist man entweder das eine (extravertiert), oder das andere (introvertiert).
Man stelle sich nun 100 Menschen vor, die den Test ablegen. Eine Hälfte bekäme vom Test das Ergebnis, dass sie extravertiert sind, die andere Hälfte, dass sie introvertiert sind. Wenn Menschen tatsächlich entweder extravertiert oder introvertiert sind, müsste sich dies auch in der Häufigkeitsverteilung der Punktwerte wiederfinden. Die Verteilung müsste wie der Rücken eines Kamels aussehen. Es müsste zwei Höcker geben. Die Höcker symbolisieren dabei, wie viele Menschen bestimmte Werte im Test erreicht haben. Die allermeisten Introvertierten sollten einen sehr ähnlichen Wert erreichen, der sich eindeutig von den Werten der Extravertierten unterscheidet. Gleiches gilt für die Extravertierten.
Die Häufigkeitsverteilung der Testwerte wäre bimodal – sie hat zwei Höcker.
In vielen Untersuchungen konnte die Bimodalität allerdings nicht nachgewiesen werden (Hicks, 1984; McCrae & Costa Jr, 1989; Stricker & Ross, 1962). Ganz im Gegenteil, es konnte stets eine Unimodalität festgestellt werden. Es gab also nur einen Höcker in der Testwertverteilung, wie bei einem Dromedar. Die Verteilungen waren entweder normalverteilt oder schief (Hicks, 1984; McCrae & Costa Jr, 1989; Stricker & Ross, 1962). Nun die Daten sagen also eindeutig, es gibt nicht nur zwei Typen, sondern mindestens so viele, wie es mögliche Testwertergebnisse gibt. Man spricht in diesem Fall von einer kontinuierlichen Skala, die vor allem eine Sache nicht kann, Typen unterscheiden.
Nun, warum ist es problematisch in Typen zu unterscheiden, wenn laut Daten gar keine Typen existieren. Zu allererst werden Menschen in einen Topf geworden, die eigentlich sehr unterschiedlich sind. Person A hat einen Wert im Persönlichkeitstest erhalten, der gerade groß genug ist, dass er in die Kategorie „Extraversion“ einsortiert wird. Person B hingegen ist auch extravertiert allerdings sehr viel stärker. Person B ist ein Musterbeispiel für den extravertierten Typ. Tatsächlich ist Person A einer introvertierten Person C viel ähnlicher als der ebenfalls extravertierten Person B. Denn Person C ist gerade so introvertiert. Der Testwert von Person A ist entsprechend viel näher an dem Testwert von Person C als an dem von Person B. Trotzdem werden Person A und B in eine Gruppe sortiert, während Person A und C unterschiedlichen Gruppen zugeordnet werden.
Ein neues Beispiel, dieses Mal haben wir eine Person 1 und eine Person 2. Beide Personen sind durchaus korrekt der Kategorie „Extravertiert“ zugeordnet worden. Allerdings unterscheiden sich Person 1 und 2 durchaus bedeutsam. Person 1 ist um ein ganzes Stück extravertierter als Person zwei. Trotzdem wird zwischen beiden Personen nicht weiter differenziert.
Die Sortierung in Typen, die eigentlich nicht existieren, führt also mindestens zu zwei Problemen. Personen werden vom Persönlichkeitstest unterschiedlichen Typen zugeordnet, obwohl sie sich sehr ähnlich sind und der Grad der Unterschiedlichkeit zwischen zwei Personen wird nicht angegeben.
Solange man den Myers-Biggs-Typenindikator Persönlichkeitstest nur als Spielerei zu Belustigung ablegt, richten diese Probleme kaum Schaden an. Allerdings nehmen viele diesen Persönlichkeitstest ernst. Sie glauben also, dass sie ein introvertierter Typ sind, obwohl sie eigentlich Durchschnitt sind. Sie erhalten eine falsche Selbstwahrnehmung. In diesem konkreten Beispiel kann das bedeuten, dass man sich weniger zutraut, als man eigentlich könnte. Schwerwiegender ist jedoch, wenn der Test innerhalb eines Bewerbungsverfahrens eingesetzt wird. Letztendlich ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass geeignete Personen abgelehnt und ungeeigneten Personen angenommen werden.
Reliabilität des Myers-Biggs-Typenindikator
Reliabilität des Myers-Biggs-Typenindikator
Vielen wird der Begriff Reliabilität nicht sagen. Dieser ist allerdings für Messungen jeglicher Art entscheidend. Wenn man zum Beispiel ein Möbelstück ausmisst, sollte jedes Mal, wenn die gleiche Kante gemessen wird, die gleiche Länge rauskommen. Der Zollstock als Messinstrument zeigt immer die gleiche Länge an. Nichts anderes ist mit Reliabilität gemeint. Jedes Mal, wenn der Myer-Biggs-Typenindikator Persönlichkeitstest von der gleichen Person abgelegt wird, sollte auch das gleiche Ergebnis rauskommen.
Nun ist der Reliabilitätswert für den Myers-Biggs Persönlichkeitstest gar nicht mal so schlecht. Man würde sagen, „das passt schon“. Problematisch ist hierbei, dass das „passt schon“ nur korrekt wäre, wenn keine Typen gemessen werden, sondern eine kontinuierliche Skala vorläge. Bei einer kontinuierlichen Skala ist es nicht so schlimm, wenn sich zum Beispiel der Wert der eigenen Extraversion pro Testdurchlauf etwas ändert. Interpretatorisch ist in einem solchen Fall die Änderung nicht wichtig, da sie nur einen kleinen Unterschied ausdrückt.
Bei einer Typologie hingegen kann eine kleine Änderung deines Testwertes einen großen interpretatorischen Unterschied ausmachen. Alle Personen, die laut Testwert nur knapp extravertiert oder introvertiert sind, werden bei erneuten Testdurchlauf wahrscheinlich als anderer Typ kategorisiert werden. Ein kleiner quantitativer Unterschied in Testwert, kann also einen enormen qualitativen Unterschied in der Ergebnisinterpretation bedeuten (Pittenger, 1993). Genau diese Problematik konnte in einer sogar Studie nachgewiesen werden (Howes & Carskadon, 1979).
Eine Typologie muss also sehr gute Reliabilitätswerte besitzen, damit keine folgenschweren Fehler bei einer Wiederholung des Tests passieren. Genau dies scheint beim Myers-Biggs-Typenindikator Persönlichkeitstest allerdings nicht der Fall zu sein.
Regressionsanalyse des Myers-Biggs-Typenindikator
Regressionsanalyse des Myers-Biggs-Typenindikator
Ein weiteres Zeichen, welches für eine Typologie sprechen würde, wären nichtlineare Zusammenhänge. Ein linearer Zusammenhang liegt zum Beispiel vor, wenn man eine „je mehr…desto“-Formel anwenden kann. Je extravertierter eine Person, desto geselliger, wäre eine solche Formel. Steigt die Geselligkeit nun proportional zur Extravertiertheit, liegt in aller Regel ein linearer Zusammenhang vor. Lineare Zusammenhänge findet man überall in der Welt. Für Autos gilt zum Beispiel: Je schneller man fährt, desto mehr Kilometer legt man in einer Stunde zurück.
Genau dies sollte nicht beim Myers-Biggs-Typenindikator Persönlichkeitstest der Fall sein. Denn man kann ja nur entweder introvertiert oder extravertiert sein, nichts dazwischen. Die Studienlage für nichtlineare Zusammenhänge zwischen dem Myers-Biggs Persönlichkeitstest und anderen Faktoren ist allerdings äußerst dünn und die wenigen Beispiele sind qualitativ schwach (Pittenger, 1993). So erhält die Typologiehypothese auch von dieser Seite keine Unterstützung.
Faktorenanalyse des Myers-Biggs-Typenindikator
Faktorenanalyse des Myers-Biggs-Typenindikator
Die bisherige Kritik bezog sich vor allem auf den Myers-Biggs Persönlichkeitstest als Typologie. Aber was ist eigentlich mit seiner grundsätzlichen Struktur. Der Persönlichkeitstest behauptet, dass vier Kategorien existierten und aus diesen vier Kategorien sich 16 Typen bilden ließen. Aber existieren wirklich vier Kategorien? Um Strukturen solcher sogenannten latenten, versteckten Variablen zu ermitteln, greift der Statistiker auf die Faktorenanalyse zurück. Anhand eines großen Datensatzes wird dabei ermittelt, ob die gegebenen Antworten tatsächlich vier Dimensionen bzw. Faktoren vermuten lassen.
In unterschiedlichen Studien konnte die vier Faktorenstruktur nicht nachgewiesen werden. Sipps, Alexander und Friedt (1985) fanden zum Beispiel sechs Faktoren, von denen fünf den vier Dimensionen der Theorie zum Myers-Biggs Persönlichkeitstest zugeordnet werden konnten. Der sechste Faktor konnte nicht näher identifiziert werden. Ein ähnliches Ergebnis konnte zum Beispiel von Lorr (1991) repliziert werden.
Es kann entsprechend nicht angenommen werden, dass die Grundstruktur des Myery-Biggs-Typenindikator Persönlichkeitstest tatsächlich existiert.
Korrelationsanalyse des Myers-Biggs-Typenindikator
Korrelationsanalyse des Myers-Biggs-Typenindikator
Es ist üblich in der Persönlichkeitsforschung, dass man Persönlichkeitstests untereinander vergleicht und auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede prüft. Nun hat man den Myers-Biggs Typenindikator ebenfalls mit anderen Testinstrumenten verglichen und vor allem in Bezug auf Extraversion ist hierbei etwas Kurioses herausgekommen.
Denn die Definition von Extraversion laut des Myers-Biggs Persönlichkeitstests unterscheidet sich gänzlich von den Definitionen anderer Persönlichkeitstests, wie zum Beispiel den Big-Five Persönlichkeitstests (Pittenger, 1993). Wenn die gleichen Personen beide Tests ablegen, sollte also für Extraversion ein gänzlich anderer Wert herauskommen. Es sollte entsprechend eine sehr geringe Korrelation vorliegen.
Das Gegenteil ist allerdings der Fall. Die Dimension Extraversion des Myers-Biggs Persönlichkeitstests korreliert sehr hoch mit der Dimension Extraversion von Big-Five Persönlichkeitstests. Ähnliche Ergebnisse konnten auch bei weiteren Tests gefunden werden, die, wie die Big-Five Persönlichkeitstests, Extraversion ganz anders definieren als der Myers-Biggs-Typenindikator (Sipps & Alexander, 1987; Steele & Kelly, 1976).
Verhaltensvorhersagen mit dem Myers-Biggs-Typenindikator
Verhaltensvorhersagen mit dem Myers-Biggs-Typenindikator
Unabhängig von den strukturellen Problemen des Myers-Biggs Persönlichkeitstests, die wir zu Genüge dargestellt haben, ist für jeden Test seine Eigenschaft als Prädiktor wichtig. Ein Test ist schließlich nur dann sinnvoll, wenn man mit dem Testergebnis auch etwas anfangen kann. Wer gut in einem Intelligenztest abschneidet, wird tendenziell erfolgreicher in seinem Berufsleben sein, zum Beispiel. Tatsächlich ist der Intelligenztest einer der besten Prädiktoren für beruflichen Erfolg.
Auch für den Myers-Biggs-Typenindikator existieren unterschiedliche Studien, die seine prädikativen Eigenschaften prüfen. Tatsächlich konnte man in unterschiedlichen Bereichen einige prädikative Fähigkeiten des Tests feststellen, allerdings sind die gefundenen Effektstärken in aller Regel klein (Pittenger, 1993).
Die Effektstärke kennzeichnet wie stark man von einem bestimmten Verhalten ausgehen kann, ausgehend von dem Testergebnis. Ist der Effekt groß bedeutet jede Änderung im Testergebnis auch eine größere Änderung im Verhalten. Damit ein Testergebnis praktisch relevant ist, sollte ein Effekt mindestens mittelstark sein. Kleine Effekte sind in der Regel so wirkungsschwach, dass sie nur statistisch bemerkt werden. Wenn zum Beispiel der Intelligenztest nur einen kleinen Effekt hätte, dann würde man mit „bloßen Auge“ keinen Zusammenhang zwischen Intelligenz und beruflichen Erfolg feststellen können.
Eine weitere Frage, die man sich bei der Prüfung von prädikativen Eigenschaften stellen muss, ist, ob es nicht Testinstrumente gibt, die ein Verhalten besser, genauer und effizienter vorhersagen. So konnte in einer Studie zum Myers-Biggs Persönlichkeitstest festgestellt werden, dass IT-Typen (Introvertiert-Denkend/introverted-thinking) sich besser Zahlen und EF-Typen (Extravertiert-Fühlend) besser Gesichter merken können.
Der Effekt hierbei ist sogar mittelstark. Allerdings wird der gleiche Effekt mit anderen Testinstrumenten (Big-Five Persönlichkeitstest, sozial-kognitiver Ansatz zu Extraversion) ebenfalls vorhergesagt (Pittenger, 1993). Diese haben jedoch insgesamt bessere Eigenschaften als Testinstrument. Ginge es also darum, vorherzusagen, wer sich besser Zahlen und wer sich besser Gesichter merken kann, dann würde man nicht zum Myers-Biggs Persönlichkeitstest greifen.
Darüber hinaus konnten einige Hypothesen der Myers-Biggs Persönlichkeitstheorie nicht bestätigt werden. So sollten sensorische Typen eher Lehrmethode mit aktiven Elementen wie Gruppenarbeit bevorzugen, während der Konterpart, intuitive Typen eher passive Lehrmethoden wie Lesearbeit und Einzelarbeit bevorzugen müssten (Pittenger, 1993). Genau das wurde mit Studenten geprüft, die ihre bevorzugte Lehrmethode aus einem Pool von 19 Methoden wählen konnten. Ein unterschiedliches Wahlverhalten zwischen den Typen konnte allerdings nicht festgestellt werden (Rollins, 1990).
Eine weitere Hypothese ist, dass Personen am besten lernen, wenn der Lehrstil des Lehrers zum eigenen Lernstil passt (Pittenger, 1993). Um das zu prüfen, hat man den Persönlichkeitstyp von Professoren mit den Persönlichkeitstypen von ihren Studenten verglichen. Heraus kam, dass, wenn bei beiden der gleiche Typ vorliegt, die Studenten ihren Professor als besser empfinden. Allerdings hatte korrekte Passung zwischen Student und Professor keinen Einfluss auf die Leistung der jeweiligen Studenten (Cooper & Miller, 1991). Die Hypothese konnte also nicht bestätigt werden.
Fazit zur Kritik am Myers-Biggs-Typenndikator
Fazit zur Kritik am Myers-Biggs-Typenndikator
Die empirische Evaluation des Myers-Biggs Persönlichkeitstest zeichnet kein gutes Bild. Hier sieht man auch den Grund, warum dieser Persönlichkeitstest von den meisten Persönlichkeitsforschern gemieden wird. Einem Forscher scheint sogar, dass Studien zum Myers-Biggs-Typenindikator, die für den Test sprechen, so erstellt wurden, dass ein positives Ergebnis wahrscheinlicher sei (Pittenger, 1993). Darüber hinaus sei in solchen Studien vor allem die Vorhersagequalität des Persönlichkeitstests geprüft worden, ob allerdings wirklich 16 unterschiedliche und voneinander unabhängige Typen existierten, sei kaum getestet worden.
Insgesamt muss der Schluss gezogen werden, dass enorme Zweifel an dem Myers-Biggs-Typenindikator und dessen Theorie angebracht sind
Literaturverzeichnis
Literaturverzeichnis
Cooper, S. E. & Miller, J. A. (1991). MBTI learning style-teaching style discongruencies. Educational and Psychological Measurement, 51 (3), 699–706.
Hicks, L. E. (1984). Conceptual and empirical analysis of some assumptions of an explicitly typological theory. (Keine Angabe).
Howes, R. J. & Carskadon, T. G. (1979). Test-retest reliabilities of the Myers-Briggs Type Indicator as a function of mood changes. Research in Psychological Type, 2 (1), 67–72.
Lorr, M. (1991). An empirical evaluation of the MBTI typology. Personality and Individual Differences, 12 (11), 1141–1145.
McCrae, R. R. & Costa Jr, P. T. (1989). Reinterpreting the Myers‐Briggs type indicator from the perspective of the five‐factor model of personality. Journal of personality, 57 (1), 17–40.
Pittenger, D. J. (1993). The Utility of the Myers-Briggs Type Indicator. Review of Educational Research, 63 (4), 467–488. https://doi.org/10.3102/00346543063004467
Rollins, T. J. (1990). Analysis of theoretical relationships between learning styles of students and their preferences for learning activities. Journal of Agricultural Education, 31 (1), 64–70.
Sipps, G. J. & Alexander, R. A. (1987). The multifactorial nature of extraversion-introversion in the Myers-Briggs Type Indicator and Eysenck Personality Inventory. Educational and Psychological Measurement, 47 (3), 543–552.
Sipps, G. J., Alexander, R. A. & Friedt, L. (1985). Item analysis of the Myers-Briggs type indicator. Educational and Psychological Measurement, 45 (4), 789–796.
Steele, R. S. & Kelly, T. J. (1976). Eysenck Personality Questionnaire and Jungian Myers-Briggs type indicator correlation of extraversion-introversion. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 44 (4), 690.
Stricker, L. J. & Ross, J. (1962). A Description and Evaluation of the Myers-Briggs Type Indicator.