Studienblog

Der Psychopath

Respond

Zusammenfassung

Der Psychopath ist eine emotional gestörte Person, die als antisozial, rücksichtslos, manipulativ, lügnerisch weitgehend angstfrei und oftmals als impulsiv sowie aggressiv wahrgenommen wird (Patrick & Brislin, 2014). Wirklich herausragend jedoch ist seine Eigenschaft der Emotionslosigkeit. Psychopathen empfinden zwar grundlegende Emotionen wie Freude und Wut, jedoch keine sozialen Gefühle, hierzu gehören Schuld, Empathie, Liebe und Scham. Daher wird er als gewissenlos und zu früheren Zeiten auch als unmoralisch beschrieben (American Psychiatric Association, 2013; Walsh & Wu, 2008). Die psychopathische Persönlichkeit ist den meisten Kulturen bekannt und die bisherigen Forschungen weisen auf einen gleich hohen Anteil von Psychopathen in den meisten Gesellschaften und Ländern hin (Patrick & Brislin, 2014). Auch deshalb geht man von einer genetischen Ursache der Psychopathie aus (Patrick & Brislin, 2014; Walsh & Wu, 2008). Nicht alle Psychopathen sind kriminell und daher als Psychopath erfasst (Patrick & Brislin, 2014). Somit ist die Anzahl an Psychopathen nur schätzbar. Viele Forscher gehen jedoch von einem Anteil von 1% an der Gesamtbevölkerung aus (Walsh & Wu, 2008). Wir bieten ebenfalls einen Psychopathentest an. Alle Informationen zum Test und seiner Funktionsweise sowie Validierung finden sie ebenfalls dort.

Anfänge der Psychopathieforschung

Das psychopathische Persönlichkeitsbild ist in vielen Kulturen unter unterschiedlichen Namen bekannt. So kannte bereits Aristoteles Personen, die man heute als Psychopath identifizieren würde. Zum Anfang des 19. Jahrhunderts beschrieb der Franzose Phillipe Pinel Psychopathen als Irrsinnig ohne Verrückt zu sein („Manie sans delire“), da Psychopathen im Allgemeinen normal funktionieren würden (Walsh & Wu, 2008). Der deutsche Psychiater Julius L. Koch führte zum Ende des 19. Jahrhunderts den Begriff Psychopath als erster zur Beschreibung psychischer Störungen ein. Emil Kraepelin, ein weiterer deutscher Psychiater, führte wiederum einige Jahre später als erster die psychopathische Persönlichkeit als Beschreibung für konkret antisoziale, psychopathische (nach heutigen Verständnis) Personen ein (Patrick & Brislin, 2014). Darüber hinaus entwickelten sich unterschiedliche Interpretationen des Begriffs Psychopath bis der US-amerikaner Hervey Cleckley das Buch „The Mask of sanity“ 1941 veröffentlichte. In dem Buch warb er für eine Spezifizierung der Diagnose, die nur zu geben sei, wenn eindeutige Kriterien erfüllt werden (Patrick & Brislin, 2014). Der Patient müsse laut Cleckley einerseits psychisch Stabil sein, also eine geringe Ängstlichkeit, keine Depressionen oder gar eine Suizidneigung aufweisen. Außerdem sei für Psychopathen eine hohe Intelligenz typisch. Andererseits müsse eine geringe Emotionalität vorliegen und seine Beziehungen zu anderen Personen dürften nur oberflächlicher Natur sein. Darüber hinaus zeige ein Psychopath andauerndes impulsives sowie abartiges Verhalten in Form von antisozialen Handlungen (Patrick & Brislin, 2014). Clecklesys Spezifizierung findet man noch heute im DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders), der „Bibel“ psychischer Erkrankungen, zur Beschreibung der antisozialen Persönlichkeitsstörung (American Psychiatric Association, 2013). Kontrastierend zu Cleckley entwickelten McCord und McCord einen Psychopathiebegriff, in dessen Kern dem Psychopathen ein raubtierhafter, interpersoneller (zwischenmenschlicher) Affektstil bescheinigt wird (Patrick & Brislin, 2014). Dieses Psychopathieverständnis ist wohl auf ihre Arbeit mit Kriminellen zurückzuführen, die zur Steigerung des eigenen Vorteils komplett gewissenlos handelten. Eine solche Darstellung der Psychopathie ist heute vor allem dank Horrorfilme bekannt.

Symptome der Psychopathie

Der Psychopath ist vor allen Dingen antisozial bzw. dissozial. So sind für ihn die Gefühle anderer irrelevant, er empfindet keine Empathie. Er ist emotional sehr flachgründig und zeigt kaum bzw. keine Reue, ihn plagen also keine Gewissensbisse, wenn er jemand anderes wegen ihm leidet. Er ist ein pathologischer Lügner, manipuliert und ist meist impulsiv und unzuverlässig. Er ist nicht in der Lage emotionale Beziehungen einzugehen und neigt dazu, aus negativen Erfahrungen nichts zu lernen. Der Psychopath kann Empathie nicht lernen. Seine Emotionslosigkeit ist nicht Ergebnis von Umwelteinflüssen und somit nicht erlernt. Dies ist der große Unterschied zum Soziopathen. Er ist darüber hinaus weitestgehend angstfrei, so kümmert es ihn ebenfalls nicht, wenn er sich selbst verletzt. Psychopathen sind egozentrisch, oft intelligent, überheblich und nutzen andere aus. Sie neigen zu Substanzmissbrauch (Alkohol und andere Drogen), werden oftmals als charismatisch wahrgenommen und leben in der Regel nicht monogam (Patrick & Brislin, 2014; Walsh & Wu, 2008). Psychopathen sind nicht einfach zu erkennen, da sie nach außen hin durchaus normal erscheinen.

Ursache der Psychopathie

Man geht heute von einer genetischen Ursache für Psychopathie aus. Hierfür spricht vor allem, dass Umweltbedingungen keinen Einfluss auf die Häufigkeit von Psychopathen in unterschiedlichen Gesellschaften und Kulturen zu haben scheinen. Auch der sozioökonomische Status, also ob jemand in eine reiche, gebildete oder arme, ungebildete Familie hineingeboren ist, scheint die Prävalenz nicht zu beeinflussen (Walsh & Wu, 2008). Darüber hinaus konnten unterschiedliche biologische Merkmale bei Psychopathen gefunden werden. So produzieren Psychopathen geringere Mengen Serotonin, ein Glücksneurotransmitter. Sie weisen außerdem einen niedrigeren Ruhepuls auf als gesunde Menschen und zwar bereits im Kindesalter. Außerdem konnten Defizite im präfrontalen Kortex gefunden werden (Patrick & Brislin, 2014; Pemment, 2013). Es existieren Überlegungen, dass das Fehlen der sozialen Emotionen ursächlich für das antisoziale Verhalten von Psychopathen ist. Soziale Emotionen, wie Reue oder Scham, stellen einen motivationalen Faktor dar, der uns von Handlungen abbringt, die zwar kurzfristig erfolgreich sind (betrügen), jedoch uns langfristig im sozialen Verband schaden (Gefängnis). Eine weitere Ursache für eine psychopathische Persönlichkeit könnte eine unterdurchschnittliche Erregbarkeit des autonomen Nervensystems (ANS) sein. Aufgrund der Rolle des ANSs in der Verarbeitung von negativen Reizen, könnte eine unterdurchschnittliche Erregbarkeit zum geringen Angstempfinden von Psychopathen führen. Aufgrund der reduzierten Verarbeitung negativer Reize, sind Psychopathen schwerer zu konditionieren als gesunde Menschen. Geht man davon aus, dass z.B. das Gewissen bzw. die Reue das Ergebnis eines Konditionierungsprozesses, bewirkt durch unteranderem negativer Reize, ist, so könnte die relative Angstfreiheit Grund für das antisoziale Verhalten sein (Walsh & Wu, 2008).

Wie viele Psychopathen gibt es?

Da die Diagnose Psychopath nicht einfach gestellt werden kann und nicht alle Psychopathen kriminell und somit diagnostiziert sind, kann keine eindeutige Angabe über die Häufigkeit von Psychopathen gegeben werden. Unterschiedliche „Experten“ geben zum Thema dennoch unterschiedliche Angaben. So findet man in einem Artikel, der auf „zeit.de“ veröffentlicht wurde die Angabe, dass der Bevölkerungsanteil von Psychopathen bei 2% liegt und der Anteil unter Führungskräften sogar bei 6% (Groll, 2014). Da leider keinerlei Quellen angegeben sind und wir durch unsere Recherche diese Werte nicht bestätigen konnten, sollten die Angaben mit Vorsicht genossen werden. Tatsächlich konnten wir kaum Quellen zu diesem Thema finden. Dies ist wenig verwunderlich, da die Diagnose Psychopath eine umfangreiche Analyse erfordert und nichtkriminelle Psychopathen kaum in Erscheinung treten. Eine Studie, die die Häufigkeit von sogenannten „corporate psychopaths“ (Psychopathen in Unternehmen) untersuchte, nutze hierzu ein Verfahren, da Büroarbeiter unterschiedlicher Unternehmen anhand eines Fragebogens einschätzen sollten, ob sie bereits mit einem Psychopathen zusammengearbeitet haben. Mit der Anzahl der Beschäftigungsjahre stieg hierbei der Anteil derer, die bereits einem „corporate psychopath“ erlebt haben, auf 31,5% (Boddy, Ladyshewsky, & Galvin, 2010). Die Ergebnisse dieser Studie sind jedoch überaus zweifelhaft. Wie unter "Messung von Psychopathie" nachlesbar, wird das wohl beste Instrument zur Messung von Psychopathie (PCL-R) von einem speziell Ausgebildeten Psychologen in einem teilstrukturierten Interview angewandt, welches bis zu 2 Stunden dauern kann. Die Bewertung von Bürobeschäftigten, ob sie bereits mit einem Psychopathen zusammengearbeitet haben, ist entsprechend als wenig bis nichtssagend einzuschätzen.
Am weitesten Verbreitet ist die Annahme, dass 1% der Population Psychopathen sind (Walsh & Wu, 2008). Jedoch existiert auch die Einschätzung 3% oder gar 10% (Adams, 2012). Es existieren also viele Meinungen zu dieser Frage. Nur eines ist sicher, viele Psychopathen gibt es nicht!

Sind Psychopathen gefährlich?

Jaein! Der sogenannte „erfolgreiche“ Psychopath bricht nicht das Gesetzt, könnte allerdings dennoch ein eher unsympathischer Zeitgenosse sein, der fremde Karrieren im Zweifelsfall sabotiert. Allerdings konnten wir auch hierzu keine wirklich vertrauenswürdigen Informationen finden und Ihr Vorgesetzter oder ihr Kollege ist vielleicht schlicht ein Arsch, ganz ohne Störung. Wozu wir jedoch Angaben machen können, ist der Anteil von kriminellen Psychopathen in der Bevölkerung – der USA. Denn bei ca. 20% der US-amerikanischen Gefängnisinsassen wurde Psychopathie diagnostiziert (Walsh & Wu, 2008). 2016 wurden 1.505.400 Personen in US-amerikanischen Gefängnissen festgehalten (Carson, 2018). Da die USA im gleichen Jahr eine Gesamtbevölkerungszahl von ca. 323 Millionen aufwies (Statista, 2019), saßen in diesem Jahr 0,47% der US-Amerikaner im Gefängnis. Von diesen 0,47% sind also ca. 20% Psychopathen, was schließlich bedeutet, dass ca. 0,093% der US-amerikanischen Bevölkerung kriminelle Psychopathen sind. Diese Zahl kann so jedoch nicht einfach auf Deutschland übertragen werden. Denn, ob ein Psychopath kriminell und für die persönliche körperliche Unversehrtheit gefährlich wird, ist unteranderem von seiner sozialen Herkunft abhängig (Walsh & Wu, 2008). Umweltbedingungen stellen somit einen wichtigen Faktor dar, obwohl sie die Psychopathie wohl nicht verursachen. Deutschland besitzt ein sehr viel umfangreicheres Sozialsystem als die USA. Damit sind weniger deutsche Psychopathen unvorteilhaften Umweltfaktoren ausgesetzt. Dies müsste sich entsprechend auch positiv auf den Anteil der kriminellen Psychopathen in Deutschland auswirken – es müssten weniger sein.

Ist ein Psychopath heilbar?

Geht man von der Prämisse aus, dass Psychopathie genetisch bedingt ist, dürfte eine Heilung im klassischen Sinne nicht möglich sein. Allerdings existieren Interventionsformen, die gewisse Erfolge bei Psychopathen aufweisen. Bei diesen ist jedoch das Ziel, gesetzestreues Verhalten zu erreichen, es handelt sich entsprechend um Interventionen für Kriminelle – nicht für unbescholtene Psychopathen. Der Fokus der Interventionen liegt auf der Veränderung von Denkmuster und das Aufdecker ihrer Rolle im aufrechterhalten kriminellen Verhaltens (Patrick & Brislin, 2014). Ein unvorteilhaftes Denkmuster könnte zum Beispiel sein, dass man nur durch Gewalt Respekt und Sicherheit erlangen kann. Man würde in der Intervention an dieser Stelle versuchen, ein vorteilhafteres, nichtkriminelles Muster mit dem Betroffenen zu entwickeln und kognitiv zu verankern.

Messung von Psychopathie

Der am weitesten verbreitete Test auf Psychopathie ist der PCL-R (Psychopathy Checklist-Revised) entwickelt von Ropert Hare. Dieser stellt den „Goldstandard“ der Psychopathietests dar (Patrick & Brislin, 2014; Walsh & Wu, 2008). Der PCL-R wird von speziell ausgebildeten Ärzten und Psychologen angewandt. Innerhalb eines strukturierten Interviews, welches bis zu 2 Stunden andauern kann werden 20 Persönlichkeitszüge abgefragt. Der Interviewer bewertet die Aussagen des Betroffenen hierbei auf einer Skala von 0 (trifft nicht zu) bis 2 (trifft zu) (Walsh & Wu, 2008). Darüber hinaus fließen in die Analyse offizielle Informationen über sein Vorstrafenregister sowie seine Biografie hinein. Der PCL-R wurde speziell für Kriminelle konzipiert, weshalb auch die zu bewertenden Persönlichkeitszüge Bezug auf kriminelle Handlungen nimmt (Patrick & Brislin, 2014). Er ist damit nicht auf gesetzestreue Personen anwendbar. Trotzdem zeigt dieses Beispiel, dass die Diagnose Psychopath nicht einfach durch einen selbstauszufüllenden Fragebogen ausstellbar ist,

Literaturverzeichnis

Adams, T. (2012). The Wisdom of Psychopaths by Kevin Dutton - review. Retrieved from https://www.theguardian.com/books/2012/oct/07/wisdom-of-psychopaths-kevin-dutton-review

American Psychiatric Association. (2013). Diagnostic and statistical manual of mental disorders: DSM-5 (5. ed.). Washington, DC: American Psychiatric Publishing.

Boddy, C. R. P., Ladyshewsky, R., & Galvin, P. (2010). Leaders without ethics in global business: Corporate psychopaths. Journal of Public Affairs, 10(3), 121–138.

Kern, M. L., & Friedman, H. S. (2008). Do conscientious individuals live longer? A quantitative review. Health Psychology, 27(5), 505.

Carson, E. A. (2018). Prisoners in 2016: BJS Statistician. Retrieved from https://www.bjs.gov/index.cfm?ty=pbdetail&iid=6187

Groll, T. (2014). Auffällig viele Psychopathen werden Chef: Sie manipulieren andere, sind erfolgreich – und gefährlich. Überdurchschnittlich viele Psychopathen schaffen es ins höchste Management, sagt der Psychologe Jens Hoffmann. Retrieved from https://www.zeit.de/karriere/beruf/2014-05/psychopathen-interview-psychologe-jens-hoffmann

Patrick, C. J., & Brislin, S. J. (2014). Antisocial personality disorder/psychopathy. The Encyclopedia of Clinical Psychology, 1–10.

Pemment, J. (2013). Psychopathy versus sociopathy: Why the distinction has become crucial. Aggression and Violent Behavior, 18(5), 458–461.

Statista. (2019). USA: Gesamtbevölkerung von 2008 bis 2018 (in Millionen Einwohner). Retrieved from

Walsh, A., & Wu, H.‐H. (2008). Differentiating antisocial personality disorder, psychopathy, and sociopathy: Evolutionary, genetic, neurological, and sociological considerations. Criminal Justice Studies, 21(2), 135–152.